Elfenkuss

Elfenkuss  - Aprilynne Pike, Anne Brauner Cover: Das deutsche Cover gefällt mir sehr gut - es hat einfach so etwas Verträumtes, Märchenhaftes! Zwar sehen die Flügel nicht so aus, wie sie im Buch beschrieben werden, aber immerhin sieht man durch sie hindurch Blumenblätter, was wiederum passend ist.

Originalität: Die Autorin hat ein sehr originelles Konzept, was Elfen und ihre Natur angeht - da möchte ich nicht zu viel verraten, aber ich habe noch kein Buch gelesen, in dem Elfen so erklärt wurden! Das hat mich sehr angesprochen. Leider hört für mich die Originalität da aber auch schon auf. Die Geschichte ist ansonsten eine recht typische Romantasy für jugendliche Leser: die Hauptperson ist wunderschön und etwas ganz Besonderes, es verlieben sich direkt mehrere Jungen in sie und sie kann sich nicht richtig entscheiden... Aber ich denke, dass das Buch die jugendliche Zielgruppe dennoch für sich einnehmen und begeistern kann - schließlich ist dieses Schema inzwischen so verbreitet, weil es eine große Anzahl an Lesern gibt, die genau das lesen wollen.

Spannung & Tempo: Am Anfang passiert erstmal nichts Weltbewegendes. Dann fand ich aber unterhaltsam und spannend, wie Laurel nach und nach herausfindet, wer und was sie eigentlich ist. Leider passiert danach über lange Passagen hinweg wieder nichts wirklich Packendes und die Handlung plätschert langsam vor sich hin, bis sich dann im letzten Viertel doch noch eine neue Bedrohung entfaltet und es auf einmal richtig spannend wird. Aber im Großen und Ganzen fand ich das Buch kurzweilig zu lesen.

Charaktere: Ich konnte Laurel zwar gut verstehen, dass die unerwarteten Entwicklungen sie verunsichern und ängstigen. Wenn ich mir vorstelle, mir wäre im Alter von 15 eine riesige Blume aus dem Rücken gewachsen - ich wäre sicher schlechter damit umgegangen als Laurel! Ich wollte sie mögen, aber leider war sie mir oft nicht sehr sympathisch - sie war mir einerseits zu perfekt, und andererseits zu zickig. Sie sagt von sich selber, dass sie nicht aussieht wie die anderen Jugendlichen in der Schule, sondern wie die Jugendlichen, die man in Film und Fernsehen sieht. Ihre Perfektion wird immer und immer wieder erwähnt.

Zitat:
"Unter der Pubertät hatte sie nicht sonderlich gelitten. Ihre beinahe durchsichtige weiße Haut war von Akne verschont und ihre blonden Haare wurden nie fettig. Sie war eine kleine, geschmeidige Fünfzehnjährige mit ovalem Gesicht und hellgrünen Augen. Laurel war immer dünn, doch nicht mager gewesen, und hatte sich in den letzten Jahren sogar gewisse Kurven zugelegt. Sie war lang- und zartgliedrig und bewegte sich mit der Anmut einer Tänzerin, obwohl sie nie Ballettunterricht gehabt hatte."

Sie ist ständig genervt, verärgert, gereizt, wütend, verdreht die Augen, verliert die Beherrschung, geht in die Luft oder "ab wie eine Rakete"... Auch wenn Leute ihr eigentlich nur helfen wollen.

David war mir dafür richtig sympathisch: er ist nett und bescheiden, sorgt sich um Laurel und hilft ihr, wo er kann, hat kreative Einfälle, interessiert sich aufrichtig für Biologie - über ihn habe ich sehr gerne gelesen, hatte aber direkt so meine Befürchtungen. In der Romantasy kriegt eigentlich nie der nette Junge das Mädchen! Ob das auch hier zutrifft, verrate ich noch nicht. Auch Tamani war mir mehr oder weniger sympathisch, aber über ihn erfährt man so wenig, dass ich es schwierig fand, mich wirklich für ihn zu erwärmen.

Über Laurels Freundin Chelsea hätte ich gerne mehr gelesen, ich fand ihre direkte, undiplomatische Art sehr erfrischend.

Schreibstil: Der Schreibstil ist sehr einfach, wodurch er sich aber auch schnell lesen lässt. Leider ist die Übersetzung nicht so gut gelungen, was schon bei den grundlegendsten Begriffen in diesem Roman anfängt: "Fairy" heißt Fee und nicht Elfe. "Trolls" sind eben Trolle und nicht Orks. Der "Unseelie Court" ist nicht der Unselige Hof, sondern der Hof der dunklen Feen. Und dann gibt es so Sätze wie: "In der mondhellen Nacht fransten sie sich nur sehr langsam Richtung Auto." Sie machten was?

Glaubwürdigkeit: Vieles erschien mir etwas konstruiert. Laurel hat als Elfe körperliche Eigenschaften, die jedem Arzt innerhalb von 10 Sekunden aufgefallen wären, also sind ihre Adoptiveltern praktischerweise Hippies, die Ärzten so sehr misstrauen, dass Laurel in ihrem ganzen Leben noch nie bei einem Arzt war. Dass den Eltern selber zum Beispiel nicht auffällt, dass Laurel keinen Herzschlag hat und kein rotes Blut, wird gegen Ende des Buches erklärt, aber die Erklärung hat mich nicht hundertprozentig überzeugt. Außerdem hätte sie nur ein einziges Mal als kleines Kind auf dem Spielplatz böse fallen und sich das Knie aufschlagen müssen, dann wäre die ganze Sache aufgeflogen.

Romantik: Die Beziehung zwischen Laurel und David fand ich richtig nett und süß; für die Beziehung zwischen Laurel und Tamani konnte ich mich nicht so sehr erwärmen. Zwar gibt es eine Erklärung dafür, warum Laurel sich so schnell und heftig zu ihm hingezogen fühlt, aber ich bin das Gefühl einfach nicht losgeworden, dass hier eine Dreiecksgeschichte kontruiert wurde, weil das inzwischen in der Romantasy einfach Pflicht ist.

Zusammenfassend würde ich sagen, dass sich das Buch gut runterliest und nette Unterhaltung für zwischendurch bietet, aber nicht viel Tiefgang hat und das Potential der originellen Grundidee nicht voll ausschöpft.