Herzblut - Gegen alle Regeln

Herzblut - Gegen alle Regeln - Melissa Darnell Pro:
Meist ist es in der Romantasy ja so, dass die Protagonistin ein Mensch ist, und der unwiderstehliche Protagonist ein Vampir. Hier wird diese Rollenverteilung mal auf den Kopf gestellt, was ich eine interessante Idee fand!

Savannah war mir direkt sympathisch und sie hat mir oft richtig leid getan. Sie will doch einfach nur glücklich sein und etwas tun, was sie liebt und gut kann, nämlich tanzen! ...und sich mit dem Jungen treffen, den sie liebt, das möchte sie auch. Das ist ja wohl nicht zu viel verlangt? Stattdessen wird sie ständig überwacht, muss die Dinge aufgeben, die ihr am meisten bedeuten, darf nicht mit den Menschen befreundet sein, die ihr mal am wichtigsten waren - nur weil die zum Clann gehören... Ihre eigenen Eltern misstrauen ihrer Fähigkeit, ihre wachsenden Kräfte zu beherrschen. Savannah hält sich tapfer und tut ihr Bestes, mit der Situation klarzukommen und es allen recht zu machen, obwohl die meisten Teenager ihre Eltern schon längst zum Teufel gewünscht hätten.

Auch Tristan konnte ich (meist) gut leiden: er hat echte, tiefe Gefühle für Savannah und hat genauso mit den Ver- und Geboten seiner Familie zu kämpfen wie sie. (Ok, manchmal ist er ein kleiner Macho, der glaubt, er als starker Mann müsse das schwache, zerbrechliche Mädchen beschützen, aber auch das ist ja gut gemeint.) Seine Probleme damit, seine Energie zu kontrollieren, haben mich oft zum Grinsen gebracht!
Den Perspektivenwechsel zwischen Tristan und Savannah fand ich eine gute Idee. So hat der Leser die Möglichkeit, die Geschichte von beiden Seiten aus zu erleben und sich ein vollständiges Bild zu machen. Dadurch ist er den beiden Protagonisten natürlich immer einen Schritt voraus, aber das tat der Spannung meiner Meinung nach keinen Abbruch - allerdings kam richtige Spannung für mich ohnehin erst im letzten Viertel des Buches auf. (S. "Kontra")

Der Schreibstil ist für mich irgendwo zwischen Pro und Kontra angesiedelt: er plätschert angenehm vor sich hin und gibt in glaubwürdigem Tonfall die Gedanken der beiden Jugendlichen wieder, aber das war es eben auch schon... Richtig mitgerissen hat er mich nicht, und ich war öfters versucht, die weniger aufregenden Passagen nur zu überfliegen.

Kontra:
In dem Buch passiert fast nichts außer dem ständigen Hin und Her zwischen Tristan und Savannah. Dauernd geht es um irgendwelche Missverständnisse (warum reden die beiden nicht einfach mal über sowas?), wobei sie sich manchmal auch noch unglaublich begriffsstutzig angstellen, oder um ihre ach-so-verbotene Liebe... Dazwischen gibt es endlose Schilderungen des Schulalltags und besonders der Pflichten, die Savannah als Managerin der Tanzgruppe hat. Wehwehchen verbinden, Eis holen, Tonanlage durch die Gegend schleppen, und wieder von vorn.

Ich hätte mir gewünscht, statt dessen viel mehr über die Vampire und den Clann zu erfahren, und anstelle von Savannah hätte ich auch direkt damit angefangen, alles darüber zu lernen! Erst im letzten Viertel des Buches kam für mich richtige Spannung auf, die sich dann aber zu einem ziemlichen Cliffhanger steigerte.

Savannahs Verwandlung hätte für meinen Geschmack viel ausführlicher und tiefgehender beschrieben werden können - so erfahren wir als Erstes, dass Savannahs Oberweite über Nacht anderthalb Körbchengrößen angewachsen ist, was ich jetzt nicht so interessant finde...

Abgesehen von der ungewöhnlichen Rollenverteilung ist die Geschichte nicht herrausragend originell: eine typische Romeo-und-Julie-Geschichte, die allerdings solide und ansprechend erzählt wird. Wie so oft bei Liebesgeschichten in Büchern für Teenager und junge Erwachsene zählt für Savannah schnell nur noch Tristan, und ihre besten Freundinnen sind fast schon vergessen. Auch Tristan überwirft sich direkt mit seinem besten Freund, so dass er und Savannah nur noch total auf sich fixiert sind. Dadurch bleiben die meisten Charaktere um das Liebespärchen herum eher blass, was ich sehr schade fand.

Savannah wird öfter fast schon als selbstlose Heilige dargestellt, ob sie sich jetzt als Managerin der Charmers abschuftet oder alles tut, um die Regeln zu befolgen, die ihr von ihren Eltern gesetzt wurden. Ständig macht sie sich Gedanken darüber, was sie darf und nicht darf - das war mir manchmal ein bisschen zu viel!

Das Cover hat mich nicht wirklich angesprochen. Zum Einen ist es nicht sehr einfallsreich: mal wieder ein junges Mädchen, wie auf so vielen Covern in den letzten Jahren. Sie sieht auch nicht aus, wie Savannah beschrieben wird, und die Pose finde ich eher nichtssagend und belanglos. Zumindest der Gegensatz zwischen dem schwarz-weißen Mädchen und dem blutroten Hintergrund springt ins Auge, und die glänzend hervorgehobenen Blätter und Äste geben dem Ganzen etwas mehr Pepp.

Zusammenfassung:
Das Buch ist unterhaltsam geschrieben und gut zu lesen, wenn es auch nicht viel Spannung aufbaut oder herausragend Neues bietet. Wer paranormale Romanzen ohne großartigen Tiefgang mag, sollte auf seine Kosten kommen!