Fida

Fida - Stefanie Maucher Pro:
Die Mutter Lauras ist in ihrer Verzweiflung, ihren Ängsten und ihrer Entschlossenheit glaubhaft und anteilerregend portraitiert. Die Entführung Lauras frisst sich wie ein Krebsgeschwür in ihr Leben und vergiftet alles: ihre Freundschaften, ihre Ehe. Vom Vater erfährt man weniger, aber auch seine Handlungsweisen und Gedanken fand ich gut nachvollziehbar. Der Schreibstil ist gut und flüssig zu lesen, und meiner Meinung nach gibt er die "Stimmen" der jeweiligen Figuren meist authentisch wieder.

Spannend ist der Roman von Anfang bis Ende. Natürlich will man wissen: wird Laura überleben, ihr Martyrium ein Ende finden? Werden ihre Eltern, so oder so, jemals wieder ein normales und gar glückliches Leben führen? Die überraschende Wendung gegen Ende (die ich hier noch nicht verraten will) hat mich eiskalt erwischt; das hatte ich nicht kommen sehen!

Das Cover ist beklemmend und erschreckend und gibt dadurch die Atmosphäre des Buches angemessen wieder.

Kontra:
Die Geschichte ist (leider) nicht so weit hergeholt und daher auch nicht herausragend originell. Man denke an Natascha Kampusch und ähnliche Fälle!

Laura blieb für mich seltsam farblos. Bei all ihrer Pein, ihrer Angst, ihrer Verzweiflung habe ich nur wenig davon gespürt, was für ein Mensch sie eigentlich hinter all dem ist. Die Geschichte reduziert sie meist auf ihr Leiden - was mich direkt zu meinem Hauptkritikpunkt bringt. Ist es ethisch vertretbar, so drastisch und gnadenlos die Folter einer 13-jährigen zu beschreiben (auch wenn es sich um eine fiktive Gestalt handelt)? Ihre Vergewaltigung, ihre Demütigung, ihre Schmerzen? Wo endet die Spannung, die einem Thriller innewohnen sollte, und beginnt der sensationsgeile Voyeurismus?

Der Täter kam mir recht eindimensional vor: sadistisch, grausam, gnadenlos. Er hat keine positiven Eigenschaften, keine Hintergrundgeschichte, die zumindest ansatzweise erklären könnte, wie er so geworden ist. Er ist, wie er ist, Punkt.

Viel, wenn nicht das Meiste der Spannung, beruht auf dem Schockfaktor. Wenn Kinder misshandelt und gequält werden, nimmt man automatisch Anteil, ist bestürzt. Nur gegen Ende des Buches kam für mich darüber hinausgehende Spannung auf, als Lauras Mutter damit beginnt, auf eigene Faust zu handeln, da die Polizei ihr nicht helfen kann oder will.

Das Ende hat mich nicht 100%ig überzeugt und erschien ein wenig abrupt.

Zusammenfassung:
Ich konnte das Buch nicht weglegen, obwohl ich des Öfteren das Gefühl hatte, dass es zu weit ging. Bei mir hinterließ es einen schalen Geschmack, eine leichte Übelkeit, fast ein Schuldgefühl. Ich würde es wohl nicht weiterempfehlen, was allerdings nicht am handwerklichen Können der Autorin liegt, sondern ausschließlich am kontroversen Inhalt.