Love & Crime im Altenheim

Ohne Ziel ist der Weg auch egal: Roman - Michaela Grünig

Liebesroman, Krimi, Gegenwartsliteratur oder Humor? Das Buch ist von allem ein bisschen, denn Lenjas Schnapsidee führt sie mitten hinein in einen total verrückten Kriminalfall... Das hat mir richtig gut gefallen - so wird es wirklich niemals langweilig oder zu vorhersehbar! Die Handlung ist pickepackevoll gestopft mit unerwarteten Wendungen, schrulligen Charakteren und originellen Nebenhandlungen. Man sollte nicht zu schnell glauben, dass man weiß, wie alles ausgehen wird, denn die Autorin zaubert noch das ein oder andere Kaninchen aus dem Hut...

 

Ein Buch steht und fällt für mich mit seinen Charakteren, und ehrlich gesagt war ich mir erst nicht sicher, ob ich Lenja mögen würde.

 

Sie legt sehr viel Wert auf ihr Äußeres, und auch ihr Selbstwertgefühl hängt stark davon ab, wie sie ihre Attraktivität und ihre Wirkung auf das andere Geschlecht beurteilt. Als "Karla" ist sie natürlich runzlig und in ihren eigenen Augen wenig attraktiv, und sie sagt einmal, dass sie sich fühlt, als sei sie über Nacht unsichtbar geworden, und fragt sich, was von ihr eigentlich noch übrig ist. Ich hätte mir gewünscht, dass das noch stärker thematisiert wird!

 

In ihrer Beziehung zu Ben war sie anscheinend eine kleine Diva, und generell ist sie daran gewöhnt, dass immer alles nach ihrem Kopf geht. Außerdem liest sie nicht gerne, was mir Leseratte natürlich absolut unverständlich ist...

 

Und trotzdem fand ich die durchgeknallte, melodramatische Lenja liebenswert. Sie ist kreativ und einfallsreich, und wenn sie liebt, dann liebt sie absolut. Sie ist ja noch ziemlich jung, und ich hatte im Laufe des Buches den Eindruck, dass die Ereignisse für sie ein Denkanstoß sind - sie verliert ihre Oberflächlichkeit nicht über Nacht, aber sie beginnt, sie zu hinterfragen.

 

Ben fand ich ehrlich gesagt ein bisschen langweilig. Eigentlich ist er das genaue Gegenteil von Lenja, denn er ist stets ruhig, gelassen und leidenschaftslos... Aber Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an?

 

Tim ist schon seit Ewigkeiten Lenjas bester Freund, und die Zwei halten wirklich zusammen wie Pech und Schwefel. Auch er kam mir erst sehr oberflächlich vor (er hat eine Bettgeschichte nach der anderen, wobei er scheinbar null Respekt vor den Frauen hat), konnte aber im Laufe des Buches dann doch Pluspunkte sammeln! Ich fand rührend, wie besorgt er um Lenja ist.

 

Dann gibt es da noch Adam, den Praktikanten, der "Karla" bald kaum noch von der Seite weicht, und natürlich die Senioren des Altenheims, die sich schnell als schlitzohrige, erstaunlich umtriebige Originale entpuppen - einfach kostbar, die alten Herrschaften (und Frauschaften) sind mir richtig ans Herz gewachsen!

 

Der Schreibstil liest sich lockerflockig runter, mit sehr viel Schwung, Pepp und Humor.

Erstaunlich aber wahr: ich fand die Romantik in diesem Buch gar nicht so wichtig wie den Humor und den Kriminalfall! Aber sagen wir mal so: man sollte nicht zu schnell glauben, zu wissen, mit wem Lenja die große Liebe findet - Ben? Tim? Oder doch jemand anders? Jedenfalls gibt es am Ende mehr als ein glückliches Paar!

 

Fazit:
Die junge, attraktive Lenja verkleidet sich als runzlige alte Dame, um ihre große Liebe Ben zurück zu erobern. Häh? Was in ihren Tagträumen irgendwie Sinn machte, entpuppt sich natürlich schnell als ziemliche Schnapsidee... Und dann geht im Altenheim auch noch ein Verbrecher um, der Frauen mit Botox verunstaltet. So muss Lenja nicht nur um Ben kämpfen, sondern auch ein Verbrechen aufklären, ganz nebenbei ihre Karriere retten und eine jahrzehntealte tragische Liebesgeschichte zu einem Happy End führen.

 

Mir hat das Buch sehr gut gefallen - es ist ChickLit, aber nicht ChickLit nach Schema F, sondern einfallsreich, schrullig, durchgeknallt und spannend.

Quelle: http://mikkaliest.blogspot.de/2016/01/ohne-ziel-ist-der-weg-auch-egal-von.html