Göttersturz - Das Efeumädchen

Göttersturz - Das Efeumädchen - Lars Schütz Nur ein Efeumädchen kann den großen Gott Orchon, den Weltendroher, besänftigen und ihn davon abhalten, alles zu zerstören - durch ihren Tod. Alle dreißig Jahre wird die Schönste, Sanftmütigste, Klügste unter ihnen erwählt, zu seinem Tempel geführt und geopfert.

Nun ist es wieder an der Zeit, und die Söldner Correlius und Ulme bekommen den Auftrag, das Mädchen sicher in ihr Verderben zu geleiten. Aber schon bald plagt Correlius die Frage, ob sie den Tod verdient hat oder ob es Frevel ist, eine unschuldige junge Frau zu opfern...

Pro:
Zuerst hatte ich ehrlich gesagt nicht den Eindruck, als sei die Handlung herrausragend originell: eine todgeweihte Jungfrau, ein grimmiger Wächter, der sich gegen alle Vernunft in sie verliebt... Pffft, das kennt man doch alles. So wiegt einen der Autor erstmal in Sicherheit - aber die Auflösung am Ende, die erwischt einen dann eiskalt. Damit hätte ich nie, nie, NIEMALS gerechnet - also doch volle Punktzahl in der Rubrik "Originalität"! Mehr will ich noch nicht verraten, das würde die Überraschung ja verderben.

Im Zentrum der Geschichte stehen zunächst der Söldner Correlius und sein einfältiger Findelbruder Ulme - ein Riese von einem Mann mit der Kraft eines Stiers und dem Gemüt einer Maus. Leider hat Ulmes Unvermögen, seine eigene Kraft einzuschätzen, zu einer Tragödie geführt, und diese wiederum hat die beiden ungleichen Freunde ins Gefängnis gebracht. Als ausgerechnet sie ausgewählt werden, das kostbare Efeumädchen zu ihrem Gott zu geleiten, ist Correlius bass erstaunt, aber dankbar für die zweite Chance, die sich ihm und Ulme bietet.

Die beiden Söldner waren mir sehr sympathisch, ganz besonders der sanftmütige Ulme, der doch eigentlich nichts lieber täte, als ein Kinderheim zu eröffnen, um seine Schuld wieder gut zu machen... Meiner Meinung nach kann man gar nicht anders, als ihn liebzugewinnen. Auch einige der Nebencharaktere sind durchaus interessant und einnehmend, wie z.B. der Orchologe Mellio oder Hauptmann Galeon, während andere, wie der hochnäsige, hinterhältige Barde Asht einem direkt zuwider sind. .

Das Efeumädchen Jalina bleibt lange etwas distanziert und mysteriös, nur ihr Wunsch, zu überleben, ist klar und deutlich. Sie ist keine zartbeseitete Prinzessin, die ohne den starken Helden völlig hilflos ist, was mir gut gefiel. Zwar wird sie wirklich ab und an von Correlius gerettet, aber sie zeigt auch mehr als einmal, wieviel Mut und Entschlossenheit sie selber besitzt.

Mir gefiel, dass die Geschichte auch ethische Fragen aufwirft. Ist es vertretbar, dass Leben eines Einzelnen zu opfern, wenn es das Wohlergehen vieler garantiert? Kann ein Gott, der Opfer fordert, es wert sein, ihm zu folgen?

Der Schreibstil ist gerade heraus und eher schnörkellos, was aber gut dazu passt, dass wir die Geschichte aus Correlius Augen sehen. Es gibt viele spannende Szenen, als die Eskorte die gefährlichen Leeren Lande durchquert. Je näher sie dem grausamen Gott Orchon kommt, desto gruseliger werden die Kreaturen, mit denen sie sich herumschlagen müssen... Der schleichende Horror hat mich in einigen Szenen an Lovecraft und seine düsteren Visionen uralter Monster erinnert. Gegen Ende eskaliert die Spannung - um dann in einem fiesen Cliffhanger zu enden. Hilfe, wann gibt es die Fortsetzung?

Kontra:
Das Cover ist nicht hässlich, aber auch nicht sonderlich interessant oder ins Auge springend. Es verrät rein gar nichts darüber, was einen erwartet, und in einer Buchhandlung hätte ich ein Buch mit diesem Titelblatt vielleicht noch nicht einmal in die Hand genommen. Schade, denn da hätte man sicher mehr draus machen können!

Die Geschichte ist mit 141 Seiten sehr, sehr kurz. Ich hätte mir manche Szene detaillierter gewünscht, gerne mehr und tiefergehendes über die Protagonisten erfahren, mehr Informationen über die Gesellschaft, in der sie leben, erhalten. Vieles bleibt unbeantwortet, wie z.B.: was passiert mit den Efeumädchen, die nicht erwählt werden? Besonders die Beziehung zwischen Correlius und Jalina wird eher angedeutet als wirklich in emotionaler Tiefe ausgeschöpft, aber das kommt ja vielleicht noch im nächsten Band.

Mir ist die ein oder andere kleine Ungereimtheit aufgefallen - z.B. bricht sich einer der Charaktere den Knöchel, humpelt ein paar Szenen, und dann... Heilt sich der Knöchel anscheinend magisch selber, denn: "Sie spurteten aus dem Schein der Fackel, in dem sie sich gerade befanden." Ich könnte mit einem gebrochenen Knöchel nicht spurten!

Zusammenfassung:
Das Buch hat mir trotz seiner Kürze gut gefallen, aber ich hoffe darauf, dass die Fortsetzungen länger ausfallen werden! Auf jeden Fall ist es ein vielversprechender Start in eine neue Serie.